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Amiga Collections: Auge 4000
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Auge 4000 #60 (1991-08-16)(Amiga User Gruppe Einzugsgebiet 4000).zip
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Auge 4000 #60 (1991-08-16)(Amiga User Gruppe Einzugsgebiet 4000).adf
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Am Hofe des Königs
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Am Hofe des Königs
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1991-11-04
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677 lines
AM HOFE DES KÖNIGS
----------------------
Derk Tapferschwert und sein Kampf
gegen den feurigen Drachen
---------------------------------
Im hellen Sonnenlicht erstrahlt die Stadt,
die Zinnen des Königshofes leuchten weiß
und gold. Die Menschen sind müde und matt,
doch dem König ist nicht vor Hitze heiß.
Die Hitze dämpfen Brunnen, Palmwedel
und Wein. Er aber plagt sich mit Sorgen,
die keiner lösen konnte der Edel-
leute noch Ritter. Doch wo Rat borgen ?
Die Ritter und alle haben versagt,
keiner konnte den Drachen bezwingen,
der Woch' um Woch' durch die Ebene jagt,
Feuersbrünste und Tod ihnen bringend.
Tot sind viele, die versuchten, im Kampf
sich dem fliegenden Lindwurm zu stellen.
Alle verglühten im flammenden Dampf.
" König, tu was! ", Volkes Rufe schwellen.
Er ruft nach den Boten: " Bringe er mir
Derk Tapferschwert, meine letzte Hoffnung.
Er war's, er erschlug einst der Räuber vier.
Wenn nicht er, so gibt es keine Rettung! "
Er, der Besagte, sitzt unten am Fluß,
neben einer jungen Frau, die er liebt.
Er wäscht mit ihr Kleider ohne Verdruß,
selten, daß es hierzulande so was gibt.
Sie plaudern und lachen miteinander.
Schwert, Lärm und Pflicht sind unwirklich weit fort:
Sie ist für ihn die Schönste im Lande,
er sagt es mit jedem Blick, jedem Wort.
Des Boten Wort zerschneidet die Bande,
er wirft noch ein Blick ihr zu, ein Kuß:
" Der König ist der Herrscher im Lande,
deshalb, Freundin, ich von Dir gehen muß.
Doch ich geh' beileibe nicht für immer,
sondern kehr' alsbaldigst zurüch zu Dir,
drum laß keine Wolke, keinen Kummer
Dich einfangen wie ein wehrloses Tier. "
Noch immer gefangen von ihrem Sein,
folgt er dem Boten zu des Königs Schloß.
Der Saalwächter läßt ihn eiligst hinein,
er kniet sich nieder, der König nickt bloß.
Der König erzählt ihm, was sein Begehr:
" Du weißt, ein Drache sucht unser Land heim.
Töte ihn! Ich weiß, es ist äußerst schwer,
doch siegst Du, soll größter Lohn Deiner sein.
Diener und Kleider, Juwelen und Gold,
eine Burg und ein riesiges Lehen,
dazu die Hand meiner Tochter Kriemhold.
Sag, wirst Du den Drachen töten gehen? "
" Den Drachen töten soll ich, mein König?
Wenn Ihr es von mir wünscht, so werd' ich's tun.
Angst vorm Drachen, vorm Tod hab' ich wenig,
drum geb' ich mein Wort, nicht eher zu ruh'n,
als bis ich den bösen Wurm gefunden,
mich ihm zum ehrlichen Kampfe gestellt
und er, bedeckt mit tödlichen Wunden,
von meine Hand stirbt - und frei ist die Welt.
Doch, oh König, Eure Hand gibt zuviel,
ich bin ihrer großen Gaben nicht wert.
Ein kleines Haus nur am Flusse ich will,
das ist alles, was meine Seel' begehrt. "
" Deine Seel' ist bescheiden, das ehrt Dich,
mein Sohn. Doch Last nur ist Gedankengold,
also meide es. Und sorge Dich nicht,
alles wird so sein, wie Du es gewollt. "
Alles gesagt, der König entläßt ihn,
daß am morgigen Tag auf er breche,
in den Nordwesten des Reiches zu zieh'n,
dort haust, jener, der Drache, der freche.
Derk verläßt des Königs schmucken Palast,
ohne einen Blick zurück zu wenden.
Dann läuft er zum Fluß hinunter voller Hast,
mit Schweiß auf der Stirn und an den Händen.
Der Tag ist ofenheiß. Ihm rinnt der Schweiß
in Strömen den Körper hinunter. Kein
Schatten lindert ihm seinen Weg. Er weiß
nicht, wie ihr zu sagen, daß er fort sein
bald werde. Doch sie ist nicht mehr am Fluß,
sie ist schon nach Hause zurückgekehrt.
Er eilt dorthin, tritt ein mit frommen Gruß,
doch sie tut, als hätt' sie ihn nicht gehört.
Er tritt fast zaghaft zu dem Mädchen hin
und bittet sie nach draußen zu kommen,
daß er dort ihr berichtet Wort und Sinn
von dem, was vom König er vernommen.
" Der König ", spricht er, " hat mich gebeten,
auszuziehen und Abhilf' zu schaffen
gegen des Drachen fürchterlich Wüten,
ihn zu töten mit meinen Waffen.
Jenes, ihn töten, ist sicher nicht leicht
noch ungefährlich, doch muß ich es tun,
der König hat mich gebeten, fürs Reich,
nicht für seine Gelüste, es zu tun.
Tu ich es, und tu ich's recht, so winket
mir größester Lohn, selbst Kriemholdens Hand,
die ich nicht will. So hab' ausbedinget
ich mir statt des Geldes nur ein Stück Land,
denn Dich mag ich, ich brauch' Dich - und kein Geld.
Heut' noch geh ich in die Wildnis hinaus,
doch sage mir, habe ich recht gewählt? "
Sie nickt nur stumm, küßt ihn und geht ins Haus.
UNTERWEGS
-------------
Auf dem Rücken ein kleines Bündel nur,
Pfeile und Bogen, sein Schwert, einen Schild,
zieht durch den Sommerstaub er seine Spur,
hinter sich die Sonne, vor sich ihr Bild.
Die Sonne wandert übern Horizont,
sein einziger Begleiter auf dem Weg.
Als nächtliches Lager winkt, unbewohnt,
ihm eine Hütte, in die er sich legt.
Unruhig liegt er da, schläft von Träumen schwer,
irrt durch Finsternisse, verfolgt, gejagt,
läuft er weiter, einem Stern hinterher,
und wacht schweißgebadet auf- sieh! es tagt.
Mit der Sonn' bricht er auf, der Tag ist lang,
das Wandern schwer durch Staub und Sonnenglast.
Abends heult ein Wolf, doch er ist noch nicht bang,
schläft ein am Feuer als der Tag verblaßt.
Wacht wieder auf am verlosch'nem Feuer,
bereitet sich ein kärglich Morgenmahl
und denkt stets nur an die, die ihm teuer,
sieht er sie je wieder nach Müh und Qual?
Wieder ein Tag des Wanderns. Wie weit ist
es noch in diesem riesenhaften Land,
bis hin zu dem fernen Drachengenist
in der Ödnis, wo die Erde verbrannt?
Noch ist die Eb'ne grün, die Erde frisch,
Gräser wogen an den sanften Hügeln.
Den ganzen Tag, bis die Sonne verlischt,
treibt Derk weiter mit bleiernen Flügeln.
Die Hügel steigen an. Derks Weg wird schwer
durch Dornengestrüpp und felsigen Grund.
Trockener Mund, Füße wund, kann er kaum mehr
gehen. Wasser! Doch ein feuriges Rund
brennt herab, dörrt alles wasserhafte
aus bis zum Mark, läßt das Gras braun werden.
Von Rissen und Spalten die Erde klafft. -
Derk hört Donner, Getrampel von Pferden.
Eine riesige Herde donnert her-
an, wie es scheint. Die Erde zu beben
beginnt, die Luft ist nun gewitterschwer,
schwüle Feuchte erdrückt alles Leben.
Mit einem Krachen lebt der Himmel auf,
schwarze Wolken kündigen mit Grollen
der langmähnigen Pferde regenschwer Lauf
und Streitwagen durch die Lüfte rollen.
Luft und Erde springen berstend entzwei,
ein silbernes Licht gespenstisch erhellt
die wolkengeschaffene Nacht, dabei
ging doch kaum des Mittags Stund durch die Welt.
Derk geht weiter, zieht den Mantel enger
und duckt den Kopf: Schnell! eh' der Regen naht,
er macht meinen Weg schwerer und länger,
macht kalt und klamm den Wams, rutschig den Pfad.
So hastet er den Pfad entlang, den Ber-
gen im Nordwesten zu. Bis dort nur Staub
auf Staub noch wächst. Er eilt voran, aber
der Regen holt ihn ein, und bald schon glaubt
er, er würde ertrinken im Regen,
versinken im Schlamm, verglühen im Blitz.
Schließlich find't er, sich darein zu legen,
einen hohlen Baum in felsschlucht'gem Schutz.
Im Baum schläft er, kalt und ermattet, ein
und die Regennacht zieht über ihn fort.
Des Morgens weckt ihn heller Sonnenschein
und er wähnt sich an einem fremden Ort.
Fremd ist der Weg, ein Fluß aus Schlamm und Sand.
Fremd die Hügel, vom Regen fortgespült.
Alles sieht aus, als hätte durch das Land
die Sintflut ihre Todesbahn gewühlt.
Derk quält sich durch die schlammigen Fluten,
knöcheltief steht Wasser, wo der Pfad war,
von Hügeln Rinnsale, als verbluten
dort die Krieger einer glücklosen Schar.
Glück oder Fluch - langsam steigt die Sonne
höher, verbrennt erneut mit ihrer Macht
das Land. Bald schon ist das Blut geronnen
und Derk sehnt herbei die kühlende Nacht.
Dabei hat Derk sein Ziel schon fast erreicht.
Vor ihm ragen die Berge in die Luft,
davor Ödnis, aus der all' Leben weicht,
und der grausige Schlund der Drachengruft.
Der letzte Hügel vorm Drachengarten.
Unten: verbrannter Sand, geschmolz'ner Stein,
Unrat und Fäulnis aus tiefen Schwarten
und ein Erdmaul - dort muß der Eingang sein.
Zum Erdmaul starend steigt Derk vom Hügel
und schnappt nach Luft. Oh Gott, welch ein Gestank!
Trügen mich doch bloß kräftige Flügel
hinweg! Diese Luft ist verfault und krank.
Seine Füße durch fauliges Erdreich
schlurfen, sein Auge schweift voraus zum Schlund.
Er kann's nicht helfen, seine Knie sind weich,
als wandle er auf morastigem Grund.
Dann steht er am grundlosen Loch. Drinnen
ein schräger Gang, der in Schwärze verschwimmt,
dahinter nur dunkle Ahnung. Binnen
kurzem zeigt sich, wer leben läßt, wer nimmt.
Schritt um Schritt nimmt er Fuß vor Fuß, betritt
er die düsteren Hallen. Schild vor sich, Schwert
in der Hand. Die Sonne, sie kommt nicht mit:
" Warum verläßt Du mich, treuer Gefährt? "
DER KAMPF
-------------
Jeden Schritt kann er nur mehr noch ahnen,
tastet sich langsam in die Dunkelheit.
Da stößt er an Knochen, die gemahnen
an einen, der hier starb vor langer Zeit.
Jener starb wohl einen grausigen Tod,
die Knochen verbrannt, der Rest Asche nur,
Panzer und Schwert sind verbogen, verloht,
wer er einst war, darauf weist keine Spur.
Das Schwert fester packend, geht Derk weiter,
tastet sich wandsuchend durch die Gänge
diese winden sich nach unten, breiter
zwar, doch die schwüle Luft erzeugt Enge,
läßt Derk nach Luft schwer ringen. Der Schweiß
rinnt ihm am Körper herab. Schleimbedeckt
ist der Boden, die Felswände sind heiß,
als lägen dahinter Öfen versteckt.
Lang liegt der kühle Wind zurück, nach dem
Derk sich schon sehnt. Irgendwo vor ihm schim-
mert es jetzt rötlich wie Drachenodem,
oder als ob ein altes Feuer glimmt
kurz vor dem Verlöschen. Derk folgt dem Glimmen
um eine Biegung und vor sich sieht er
einen dampfenden See. Leise Stimmen
wispern vogelgleich aus den Ecken her.
Derk schaut in die Ecken, doch sie sind leer,
und dann stutzt er und sieht erstmal um sich.
Der See ist groß, kaum sieht man's Ende mehr,
die hohe Decke ein Tropfsteindickicht.
Von der Decke tropft Wasser in den See,
wo es wieder verdampft. Blasen steigen
blubbernd auf und zerplatzen in den Ne-
bel. Dann herrscht Ruhe. Die Stimmen schweigen.
Der Nebel ruht auf dem See. Doch keine
Blase steigt mehr auf, keine Stimme ruft
mehr klagend aus dem Gewirr der Steine.
Jeder Klang erstickt in der schwülen Luft.
Derk dreht sich um und um. Der Klang seiner
Bewegung kommt wie aus weiter Ferne.
Er ruft in die Stille: " Ist hier keiner? "
Keine Antwort. - Da! Blitzende Sterne,
keine Worte, Gedanken durchzucken
die Stille, ein Bildnis von Zorn und Wut
läßt Derk in eine Nische sich ducken.
Es ist der Drache und er fordert Blut,
denn in seine Domäne drang jemand
ein, der hier nichts zu suchen hatte, und
das bedeutet Tod. Rasch zieht mit der Hand
Derk sich hinauf zum Fels über dem Schlund.
Auf dem Fels steht er fest, doch der Drache,
spürt er, liest seine Gedanken und weiß,
was er vorhat. Doch Derk kann nichts machen,
schon wird die Höhle feueratemheiß.
Schon stürzt tobsüchtig der Drache hinein,
füllt die Höhle mit Brüllen und Fauchen,
taucht See und Wände in flammenden Schein,
die Luft ist voll von Dampfen und Rauchen.
Derk springt los, fliegt durch die Luft - und landet
auf des Drachen Rückenkamm, dann hebt er
sein Schwert, doch von den Schwingen umbrandet
ihn ein Sturm. Unbeirrt aber steht er
auf dem schuppigen Leib. Und er sticht zu-
das Schwert prallt ab, der Panzer ist zu hart.
Der Drache faucht und dreht sich um im Nu,
gewaltige Macht mit Schnelle gepaart.
Mächtig bäumt er sich auf, schüttelt den Leib,
windet sich tänzelnd, stampfend hin und her.
Derk klammert sich fest, daß oben er bleibt,
er rutscht und taumelt, sein Schwert trifft nicht mehr.
Da trifft ein Stich hinten am Kopfe, dringt
durch die Schuppen in den Leib. Der Drache
schreit, daß er Tropfsteine zum Fallen bringt.
Derk stürzt, von einem getroffen. Rache!
schreit des Drachen Hirn. Sein Schwanz zischt sausend
an Derk vorbei, trifft das Schild. Der Drache
wendet und Derk weicht an die Wand. Brausend fahren
Flammen auf ihn zu, entfachen
sein Schild. Glühend heiß, läßt er es fallen,
hat gegen den Drachen nur noch das Schwert.
Schon wähnt er sein Grab in diesen Hallen,
als im Kopf er des Drachen Stimme hört.
Der Drache sagt ihm: " Freund, gib auf den Kampf,
er nutzt Dir nicht und bringt uns nur Schaden.
Nur ein Hauch von mir und Du wirst zu Dampf,
warum gehst Du auch auf solchen Pfaden?
Warum lebst Du durch das Schwert? Doch ich weiß,
auch Du gehst nur, weil man Dir sagt: Töte!
Menschen brauchen Opfer als Machtbeweis,
dabei wär' Verstehen mehr vonnöten.
Ich sehe in Dir Freude und Sorge,
Freude, daß Kampf und Qual Dir erspart sind,
doch Sorge, daß ich vielleicht schon morgen
wieder Dein Land senge mit Drachenwind.
Doch Deiner Sorge nehme ich den Grund.
Hiermit an dieser Stelle verspreche
ich, daß, wenn keine Ritter ohne Grund
hier in mein verbranntes Reich einbrechen,
in der Abicht, mit ihrem kalten Stahl
mich zu töten, daß ich dann verschone
Euer Land und Menschen mit meiner Qual.
Du willst, so wie ich, in Frieden wohnen. "
DERKS RÜCKKEHR
------------------
Daraufhin tritt der Drache beiseite
und läßt Derk passieren. Derk geht hinaus.
Es kommt ihm vor wie endlose Zeiten,
die er verbracht in dem finsteren Haus.
Aus Finsternis kehrt er zurück ans Licht,
nicht der Sonne, nein, der kühlen Sterne.
Die Nacht sank herab mit bleichem Gesicht
und keiner sieht Derk in dieser Ferne.
Derk schlurft taumelnd, fast wankend durch den Sand,
zieht müde Schwert und Schild hinter sich drein.
Ihm ist heiß. Er wischt den Schweiß mit der Hand
fort. Seine Hände zittern leicht. Unwohlsein
durchdringt seine Eingeweide. Schwindel-
gefühle zermartern ihm den Kopf. Auf
dem Hügel sinkt er nieder mit schwinden-
der Kraft. So teuer war doch nicht erkauft
der Sieg! Keiner zahlte mit dem Leben.
Also warum jetzt Angst und Übelkeit,
warum Zittern, Schwindel, Kniebeben?
Tief atmet er durch, das Atmen befreit
sein Hirn, sein Denken. Und tiefe Stille
breitet sich aus über Derk und die Welt,
hüllt sie ein, bezähmt den bösen Willen
des Zweifels. Die älteste Macht der Welt,
die heute noch herrscht, der Drache, sagt ihm
durch die Stille, er möge in Frieden,
ohne daß Leid er nimmt oder gibt, zieh'n
zu Kön'gshof und Liebsten Haus im Süden.
Vergeben sei, vergessen alles, was
geschah, was getan. Nur ihre Wege
dürfen sich niemals mehr kreuzen, auf das
jeder allein eines Tages sich legen
möge zu des letzten Tages Ruh', wis-
send, daß dem andern gleiches beschieden
sei, denn der Tod ist keinem ungewiß.
So trägt jeder die Last und den Frieden
seines Geschickes. Lebe wohl, Fremder!
Derk steht auf, wirft den letzten Blick zurück,
bevor er, ruhiger jetzt, heimwärts schlendernt,
vor sich noch manchen Tages Wegestück.
Ein Tag vergeht, der zweite, der dritte,
schon sieht sich Derk von Dörfern umgeben.
Er ist lieber allein, nicht inmitten
von Menschen, und meidet sie. Ans Leben
zwischen ihnen muß er sich erst auf neu
gewöhnen, scheint es ihm. So verbringt er
in Sichtweite der Stadt die Nacht im Heu
die vierte, letzte Nacht seiner Heimkehr.
Der Hahn kündet vom Tod der Nacht und Derk
macht sich auf den Weg in die Königsstadt.
Schon bald umgibt ihn hohes Mauerwerk,
brodelndes Menschengewühl. Stille hat
bei diesen Menschen keinen Lebensraum,
keinen Platz. Das Tor zum Palast steht of-
fen. Derk tritt ein. Dort, unter einem Baum,
der König, umgeben von seinem Hof.
Der König sieht ihn und tritt auf ihn zu,
freudig begrüßend den heimkehr'nden Held.
Er schickt fort die Leute, um dann in Ruh
zu fragen, ob Derk gesiegt, ob gefehlt.
Derk schaut ihn an und spricht, die Stimme leis':
" Gefehlt habe ich insofern, als ich
den Feuerdrachen noch am Leben weiß, "
Blässe überzieht des Königs Gesicht,
" Doch insofern habe ich auch gesiegt,
daß der Drache mir sein Versprechen gab,
daß Euer Land fortan im Frieden liegt,
steigen nicht Ritter zum Drachen hinab,
ihn mit tödlichem Stahl zu bedrohen
und seines Reiches Rain zu verletzen.
Geschieht dies doch, werden wieder lohen
die Felder, wird er in Flammen setzen
das Eurige Land. Ansonsten aber
soll nichts derart'ges gescheh'n zwischen uns
und ihm, sollen beide Frieden haben.
Dieses ist seine Bitte und sein Wunsch.
Ich habe also nicht, wie gebeten
Ihr mich habt, den Drachen getötet. Viel-
mehr hat er gnädig mich nicht zertreten.
Darum ich Euch folgendes sagen will:
Auf Euer Geheiß zu töten habe
ich nicht vermocht, und will auch fortan nicht
durchs Leben geh'n mit tödlicher Gabe.
Denn so weise schien mir des Drachen Licht,
seine Weisheit, daß Töten nichts bringe,
wenn nicht Leid und Schmerz und noch mehr Töten,
daß ich hoffe, es wird mir gelingen,
zu leben durch Liebe, wie vonnöten
es jedem Lebewesen auf Erden
mir scheint. Drum bitt' ich Euch, entlasset mich
aus Euren Diensten. Ich will nun werden
ein einfacher, glücklicher Mensch, mehr nicht. "
Nach diesen Worten gibt er dem König
sein Schwert und den verschmolz'nen Schild zurück
und tritt aus der Wache aus. So wenig
der König ihn auch bitt', er nimmt kein Stück
als Belohnung an, verneigt vorm König
das Haupt und verläßt den Palastgarten.
Er beschleunigt seinen Schritt ein wenig,
unten am Fluß wird ein Mädchen warten.
( aus dem Lorenbuch )
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* C O P Y R I G H T *
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* in keiner Form verändert werden. Ein Entfernen dieser Copyrightmit- *
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* Autoren : Hans-Werner Hennes Helsinkistr.33 2820 Bremen 77 *
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* Folgende Geschichten/Gedichte sind erschienen (!) oder erscheinen noch: *
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* Geschichten Gedichte *
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* (!) Vorwort der Übersetzer (!) Gedicht eines Übersetzers *
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